Erfahrungsberichte - St. Johannes BO-Wattenscheid-Leithe

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Erfahrungsberichte

Hilfe für Flüchtlinge

Im November 2012 wurden wir in Leithe davon überrascht, dass plötzlich Sanierungsarbeiten an der seit längerem leergezogenen Hollandschule durchgeführt wurden – und wir fragten uns, warum. Auf Nachfrage bei der Stadt Bochum bekamen wir die Antwort, dass man sich anschickte, die Schule für Asylbewerberinnen und -bewerber aus dem Balkan vorzubereiten, die schon in den nächsten Tagen dort einziehen sollten. Wir waren enttäuscht darüber, dass die Stadt sich mit dem Anliegen nicht im Vorfeld an die LeitherBürger gewandt, sondern uns vor vollendete Tatsachen gestellt hat. Nichtsdestotrotz war uns klar, dass die Asylsuchenden, die kommen würden, darunter nicht leiden sollten – jedenfalls nicht von unserer Seite aus. Wir haben uns vorgenommen, sie als Gäste willkommen zu heißen und sie als solche zu behandeln.

So haben wir die Familien, bald nachdem sie in der Hollandschule eingezogen waren, gemeinsam mit Mitgliedern der Sozialraumkonferenz für Leithe, mit Mitgliedern der evangelischen Kirchengemeinde in Leithe und Mitarbeiterinnen der beiden Kindertageseinrichtungen St. Johannes und der Kreuzkirche besucht. Wir haben die Familien mit Brot und Salz und praktischen Geschenken wie Mützen, Schals, Handschuhen für den Winter begrüßt und willkommen geheißen. Die Freude war auf beiden Seiten groß! Und der „Bann“ aus Ängsten und Fragen war mit einem Schlag
gebrochen.
Bei unserem Besuch in der Hollandschule wurde deutlich, was die Menschen hatten, und was ihnen auch fehlte. Die meisten waren mit ganz wenig angereist. Schuhe gab es nur die, die sie an den Füßen trugen, und das waren bei einigen Gummi-Sommerschuhe. Auch Winterjacken und andere Bekleidung hatten sie kaum. Die Kinder hatten nichts zu spielen. Sie alle hatten es warm in der Schule, die Stadt Bochum hatte für Kochmöglichkeiten gesorgt und Geschirr und notwendiges Mobiliar bereitgestellt. Aber mehr ist nicht vorgesehen.

Es ließ uns in St. Johannes nicht los. Wir haben die Familien einige Tage später noch einmal besucht und gezielt aufgeschrieben, was sie brauchten. Dann haben wir in unserer Gemeinde gesammelt: Kleidung, Spielzeug, ein Fernsehgerät, Wolle zum Stricken und Stricknadeln und mehr. Unser Kindergarten hat Spielzeug und viele Spiele aussortiert. Wir konnten den Menschen die gespendeten Sachen bringen. Sie haben sich sehr gefreut!

Einige Wochen später kündigte sich die rechtsradikale Gruppierung ProNRW mit einer Demonstration gegen die Asylsuchenden vor der Hollandschule an. Das wollten wir in Leithe nicht einfach so hinnehmen. Es ist ein Unding, wenn Menschen gegen Menschen protestieren! Sozialraumkonferenz, evangelische und katholische Kirche sowie verschiedene Organisationen, die sich um die Integration von Flüchtlingen und AsylbewerberInnen kümmern, trafen sich und planten gemeinsam Aktionen gegen Rechts für diesen Tag. Ich glaube, die ProNRW-Aktivisten
waren überrascht: Sie fanden die Hollandschule leer vor, denn die Menschen waren ausquartiert worden und wurden im evangelischen Gemeindezentrum mit Frühstück und mehr versorgt. Wir in St. Johannes haben zu der Zeit, als ProNRW mit Hassparolen gegen die Asylsuchenden hetzte, volles Glockengeläut gesetzt. Wir haben zu einem Friedensgebet eingeladen, einem Gebet für Menschlichkeit und gegen den Hass. Viele, auch Nicht-Katholiken, kamen und beteten mit uns. Als die Menschen die Kirche wieder verließen, stellten sie ihre Lichter auf das Kreuz, das vor unserer Kirche in den Boden eingearbeitet ist. Es ist uns Symbol des Leids, aber vor allem der Überwindung von Leid, Hass und Tod. Selbst der leichte Regen an diesem Tag konnte die Lichter nicht auslöschen. Ja, Frieden breitete sich aus in unseren Herzen …


(Anke Wolf, Gemeindereferentin)

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